Pfeilgiftfrösche in Nordhessen

Fruchtfliegen, Drosophila

"Der Name „Drosophila“ setzt sich zusammen aus altgriechisch δρόσος drósos „Tau“ und φίλα phíla „(die) liebende“. ", "Die Gattung steht vor einer Aufspaltung, denn sie umfasst etwa 1500 Arten ..." soweit Wikipedia

Diese kleinen Fliegen sind nicht nur das Lieblingsobjekt der Genetiker, der Schrecken der Weinbauern oder eine Plage in der Küche wenn dort Obst lagert. Sie sind für Terrarianer mit kleinen Tieren, dazu zählen wir Froschhalter, unentbehrlich.

Hauptsächlich werden wohl zwei Arten für unsere Zucht verwendet. Dabei sind die Tierchen durch gentechnische Mutationen salopp gesagt, von Fliegen zu Läufern gemacht worden. Sie sind also mehr oder weniger flugunfähig. Die größere Drosophila hydei und die kleinere Drosophila melanogaster. Von beiden Arten gibt es dunkle und hellere Varianten. Meine Frösche bevorzugen eindeutig die helleren Tiere.

Drosophila sind das Grundnahrungsmittel meiner Frösche. Kein Futtertier kann ich so kontinuierlich und in einer reichlichen Menge züchten. Dazu kommt, dass die Zucht "relativ" einfach ist. Relativ in Anführungszeichen, da es durchaus nicht immer ohne Probleme abläuft. Ab und zu entwickelt sich ein Ansatz einfach nicht. Ursächlich dafür können die verschiedensten Dinge sein. Die Grundlage für eine ertragreiche Fliegen-Zucht ist aber immer der "richtige" Brei.


Kleine Drosophila für meine Excidobates mysteriosus.


Es gibt sehr viele Rezepte um einen ergiebigen Brei für die Fliegenzucht anzusetzen. Jeder Terrarianer schwört auf seine eigene Mischung. Auch ich habe die verschiedensten Mischungen ausprobiert. Oft genug waren die Ergebnisse so mickrig, dass ich die letzten Fliegen aus den Bechern herausholen musste um meine Frösche einigermaßen satt zu bekommen. Dementsprechend leidet natürlich die körperliche Verfassung der Tiere. An eine Vermehrung ist auch nicht zu denken oder man hat diese unsäglichen Streichholzbeinchen bei den erzielten Jungtieren.

Seit einiger Zeit rühre ich meinen Fliegenbrei nach einem Rezept von meinem Froschfreund Volker an. Ich kann ihm gar nicht genug für seine Experimentierfreudigkeit danken. Man könnte den Brei also "GV-Brei" (Grüner-Volker-Brei) nennen.

Rezept

Zurzeit besteht mein Fliegenbrei aus den folgenden Zutaten.






Menge
Zutat





850 ml
lauwarmes Wasser

400 g
Haferflocken

130g
Milchpulver

10g
Spirulina

10g
Bierhefe

Prise
Salz

Prise
Trockenhefe

1/4 Teelöffel
Quarzsand




Vorbereitungen

Um den Brei zuzubereiten brauche ich noch ein paar Utensilien. Eine Schüssel, eine Küchenwaage, einen Stabmixer, Schere & Haushaltspapier, einen Teelöffel, einen Esslöffel und ein Sushi-Stäbchen. Diese Sachen gibt es doch in jedem gut sortierten Haushalt.

Meine Fliegen züchte ich in Plastik-Dosen in denen ursprünglich von diversen Lebensmittelhändlern dieser krümelige Instant-Tee verkauft wird. Den Tee schütte ich in die Bio-Tonne, den kann man nicht zu sich nehmen, der ist viel zu süß. In die Schraubdeckel bohre ich mit einem Kreisbohrer ein großes Loch und entgrate es mit etwas feinem Schleifpapier. Das Loch für die Fliegen wird dann ausbruchsicher abgedichtet. Dazu benutze ich passend geschnittene Stücke von Einmalkitteln. Diese gibt es in vielen Ausführungen im Internet.

In die Dosen kommen passend geschnittene Stücke aus Haushaltspapier die mit dem Sushi-Stäbchen schön am Boden platziert werden. Später, wenn der Ansatz verbraucht ist, kann man so die Überreste besser in die Tonne heraus bekommen.

Zubereitung

Zuerst kommt das Wasser in die Schüssel. Anschließend folgt das Milchpulver, das Spirulina, die Bierhefe, die Haferflocken und das Salz. Alles wird mit dem Stabmixer gut zusammengerührt. Nach zehn Minuten Standzeit sieht man, ob der Brei zu fest oder zu flüssig ist. In diesem Fall kann man noch etwas Wasser bzw. Haferflocken dazugeben.

Alle Zutaten sind mehr oder weniger selbsterklärend. Als Milchpulver verwende ich NORMI Kälbermilch ASS. Das bekomme ich, im 25 kg Sack, bei meinem Raiffeisen Agrar Handel. Das Pulver ist voller guter Inhaltsstoffe für die Kälberaufzucht und das kann den Fliegen ja auch nur förderlich sein. Es besteht aus Magermilch- und Vollmilchpulver und ist ausgestattet mit einer Säurekombination, Probiotika und organisch gebundenen Spurenelementen. Schon beim Öffnen merkt man, das es ganz anders riecht als normales Milchpulver und ist übrigens auch ein Bestandteil in meinem Springschwanz-Futter.

Der angerührte Brei sollte locker-flockig (wie bezeichnet man diesen Zustand?) vom Mixer herunterlaufen. Mit dem Esslöffel werden die Dosen jetzt mit ~130 g befüllt. Das ist für mich der schwierigste Teil da ich dabei immer (vergeblich) versuche, die Ränder der Dosen nicht zu bekleckern. Ich bekomme mit diesen Mengenangaben neun gefüllte Fliegendosen. Für Drosophila hydei kommt etwas mehr Brei ins Glas, da die sich massig entwickelnden Maden in relativ kurzer Zeit sonst den kompletten Vorrat vertilgt haben.

Sind die Dosen befüllt, kommen mit Hilfe des Teelöffels ein paar Krümel Trockenhefe auf die Oberfläche. Obenauf wird ein wenig Quarzsand verteilt.

  • Dose & Deckel

  • Papier

  • Vermischung

  • Konsistenz

  • Hefe & Quarz

  • befüllte Dosen

  • Holzwolle

  • Ergebnis

Abschluss

Zum Schluss kommt pro Dose die obligatorische "Hand voll" Holzwolle hinein. Es sollte nur soviel sein, damit die Fliegen darin herumlaufen können. Macht man aber zuwenig Holzwolle hinein, fällt das ganze Zeug später beim Herausschütteln der Fliegen mit heraus, was natürlich nicht gewollt ist.

Die Dosen werden jetzt mit dem Kittelstoff abgedeckt und die gelochten Deckeln werden aufgeschraubt. Durch die bunten Deckel sieht das alles jetzt ein bisschen nach Kindergeburtstag aus. Diese verschiedenen Farben kennzeichnen mir aber später das Ansatz-Datum. Dosen mit der gleichen Farbe sind auch am selben Tag mit Fliegen angesetzt worden.

Ein paar Erklärungen

Es gibt viele verschiedene Dosen in denen Drosophila angesetzt werden.  Die Bandbreite geht dabei vom Wegwerf-Kunststoffbecher bis zu fast schon professionellen EMSA-Dosen mit eingeschweißter Fliegengaze im Klappdeckel. Ich habe viele Dinge hierbei ausprobiert. Meine Tee-Behälter sind stabil, werden immer wieder ausgewaschen und halten mehrere Jahre. Der Verschluss mit dem Gaze ähnlichen Kittelstoff  hat sich bewährt und der Deckel der mit einem Handgriff geöffnet bzw. geschlossen werden kann, ist für mich die praktischste Lösung. Mit Grausen denke ich noch an die Damenstrümpfe die immer im ungünstigsten Moment weg schnipsten oder einfach an meinen rauen Händen hängen blieben.

Wenig Trockenhefe kommt auf den fertigen Brei da sich die Fliegen von Hefekulturen ernähren. Damit die Hefe keine Gase bildet, bleiben die fertigen Dosen erst einmal 24 Stunden stehen bevor Fliegen eingefüllt werden.

Warum Quarzsand? Ganz einfach prophylaktisch gegen Milben. In der Hühnerhaltung wird Quarzsand gegen diese Schädlinge eingesetzt und da kann das in meinen Dosen eigentlich nicht schaden. Ich verwende feinen Quarz-Strahlsand aus der Zahntechnik.

Neu angesetzt wird mit "genügend" vielen Fliegen. Ich verkneife mir hier mal den oft gelesenen Begriff  "30 oder 50 Fliegen". Noch nie habe ich meine Fliegen abgezählt oder Kulturen verloren, weil ich mit zuwenig Fliegen gestartet habe. Also immer rein damit. Viele Starter-Fliegen sollen auch eventuelle Milben besser unter Kontrolle halten.

Temperatur

Die Fliegendosen stehen bei mir alle im Vorraum meines Froschkellers. Die Temperatur bewegt sich das ganze Jahr über rund um den Wert 23°C. Auch hier muss man ein bisschen experimentieren um so nah wie möglich an das Idealmaß zu kommen.

Große Fliegen (D. hydei) sollten bei ca. 20°C, also ein paar Grad kühler stehen als ihre kleineren Vettern der Art D. melanogaster. Die fühlen sich zwischen 23 und 25°C am wohlsten. Kühlere Temperaturen werden zwischenzeitlich vertragen wobei die Tiere aber träge werden. Höhere Temperaturen sind da schon gefährlicher für unsere Zucht. Das wussten schon die Damen & Herren der BILD-Zeitung im Jahr 2012.


Ausschnitt aus der Bild vom 07.07.2012


Ersatz-Rezept

Ein Brei den ich früher hauptsächlich im Winter eingesetzt habe. Die Ausbeute ist nicht ganz so hoch wie bei meinem ersten Rezept aber den Milben schein diese Mischung noch weniger zuzusagen.  Die Mengenangaben sind auf zwei Tüten Kartoffelpüree hochgerechnet.


Menge

Zutat



800 ml
lauwarmes Wasser
165 g
Kartoffelpüree
52 g
Zucker
41 g
Bierhefe
22g
Spirulina
4 g
Trockenhefe
1/2 Teelöffel
Quarzsand


Literatur


  • BRUSE Frank, Dr. MEYER Michael, SCHMIDT Wolfgang, (2003, 2008): Praxis Ratgeber Futtertiere; Artenteil - Kleine und Große (flugunfähige) Fruchtfliege: S. 60 - 66
  • EMMERT Ullrich, (1954): Drosophila melanogaster, ein vergessenes Fischfutter, in DATZ, 7.Jahrgang, Januar 1954 
  • DIVOSSEN Harald, (2006): Faszination Pfeilgiftfrösche - Erfahrungen mit kleinen Pfeilgiftfröschen. Eigenverlag: 3. Auflage S. 35
  • DOST Uwe, (2012): In der Küche verflucht, im Terrarium geliebt: Fruchtfliegen, in REPTILIA Nr.98, Dezember 2012/Januar 2013, Seite 68 - 75
  • DOST Uwe, (2015): Tau-, Obst- oder Essigfliegen (1), in DATZ, 68.Jahrgang, November 2015, Seite 53 - 57
  • DOST Uwe, (2015): Tau-, Obst- oder Essigfliegen (2), in DATZ, 68.Jahrgang, Dezember 2015, Seite 50 - 53
  • FRIEDERICH Ursula, VOLLAND Werner, (1981, 2005): Futtertierzuchten - Lebendfutter für Vivarientiere, 4., aktualisierte Auflage, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart, Seite 132 - 139
  • HORN Heinz, (1965): Kleine Futterkunde für den Aquarienfreund, URANIA-VERLAG Leipzig Jena Berlin, S. 122 - 129
  • WAGEMANN Marco, (2006): Die Zucht der Kleinen Fruchtfliege (Drosophila melanogaster) - viele Wege führen zum Erfolg, DRACO Lebendfutter Nr.28, S. 42-49
  • SCHREIBER Roland, (2020): Drosophila - Leckere Taufliegen, in DATZ, 73.Jahrgang, Dez 2020/Jan 2021, Seite 28-44